Predigt am 15. Sonntag nach
Trinitatis (24. 09. 2017)
Lukas 18, 28-30
Da sprach Petrus: Siehe, wir haben, was wir hatten, verlassen und sind
dir nachgefolgt. Er aber sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Es ist
niemand, der Haus oder Frau oder Brüder oder Eltern oder Kinder verlässt um des
Reiches Gottes willen, der es nicht vielfach wieder empfange in dieser Zeit und
in der kommenden Welt das ewige Leben.
Und jetzt?
Und jetzt? Petrus Satz hat kein
Fragezeichen und doch fragt sein Satz, er hat nach sich wie eine lange Pause,
eine Stille: ------ und jetzt. In Petrus Satz schwingt der ganze Petrus mit, der
ganze Weg, seit der Ruf Jesu ihn traf, er aufbrach, er losging, seit er mit
Jesus Zeit und Raum teilte, ihm nachging, ihn Tag und Nacht sah, von seinem
Bissen Brot aß, mit anderen um seine Worte lagerte. Und jetzt. Und all der Mut
von Petrus ist mit zu hören, all der Zweifel, all seine Hoffnung, sein Suchen,
sein Schmerz, seine Neugier, sein Entflammtsein, seine stille Angst, der Weg
übers Wasser, das Untergehen, die Hand Jesu, ihm zugstreckt.
Es ist keine Frage und doch steckt
alles drin, und eine ungeheure Offenheit, die ins Leere oder Volle weist: der
Blick zurück, und der Blick nach vorne, die immense Spannung, so viel zu geben
und auch bekommen zu wollen, so viel zu lassen und am Ende nicht mit leeren
Händen dazustehen, so viel gefolgt zu sein und doch nicht zu wissen, wohin der
Weg geht, so sehr ein kommendes Leiden zu fürchten und doch ganz zu hoffen, das
Herrliche zu finden. Es ist nur ein Satz, keine Frage, aber irgendwie alles von
Petrus: Und jetzt?
Hingebungsvoll
Jesus hört diesen Satz. Er ist ihm
vor die Füße gelegt, so wie Petrus ihm am Ufer einst einfach ins Leben kam.
Jesus weiß, Petrus hat alles verlassen und er wird noch mehr lassen müssen.
Jesus weiß um das Menschen Unmögliche, ganz Jesus zu folgen, seinen Weg zum
eigenen zu machen. Jesus weiß, dass es hingebungsvolle Menschen braucht, dass
wir Menschen es im Kern doch sind und sein können:
Menschen, die Gott vor Augen, sich
trennen, hinter sich lassen, die aufgeben, ihr eigenstes, das, was zu ihnen
gehört, was sie ausmacht, was sie zu dem macht, wer sie sind. Menschen, die
sich selbst verlassen, sich hingeben, sich vergessen und ganz und gar zu
hingebungsvollen Menschen werden, im Kleinen, manchmal im Großen, mit Mut, mit
Zittern, tastend, suchend, findend, sich selbst wie veräußern, sich selbst wie
hingeben, den kleinen, entscheidenden Schritt tun und sich Gott in die Arme
werfen. Sich selbst wie entleeren, von all dem, was sie ausmacht, füllt,
beschwert, quält, um ganz leer vor Gott zu werden zu warten, zu harren, bis jenes
„Und jetzt“ in ihrem Leben geschieht.
Was wir für das Reich Gottes tun
können? Jetzt. Immer wieder. Ein Leben lang. Was für eine anmaßende Frage: Als
ob wir was tun könnten, damit Gott sich bewegt, geschieht, da ist, Gott
inmitten unserer Wirklichkeit wirklich wird und sein Reich komme. Was wir für
das Reich Gottes tun können, für es, seinetwegen? Was für eine für Menschen
Leben und Denken übergroße Frage. Unmögliches vielleicht nur: Leiden. Lieben.
Leer werden. Alles bekommen. Werkzeug sein.
Voll empfänglich
Inmitten, wenn Menschen, unbeholfen,
mutig, verzweifelt, sich Gott hingeben, empfangen sie unendlich viel. Aus dem
hingebungsvollen Menschen wird ein ganz und gar empfänglicher. So ist das bei
Gott. Unmögliches wird bei Gott wirklich. Wer hingibt, der empfängt. Gott. Die
Nachfolge macht das wunderbar aus Menschen, aus ganz normalen Menschen, die
Gottes Nähe suchen, die versuchen, sich ihm zu verschreiben, die versuchen, ihm
nachzufolgen, die Nachfolge formt aus Menschen solche, die empfangen, die
empfänglich sind, die nur mit leeren Händen die Fülle ergreifen.
Und das im Blick Jesus, in dessen Ohr
und Sinn der eine Satz des Petrus noch nach halt, sicher, gewiss, verheißen und
weit mehr. Weit mehr empfangen: Der Mangel, die Entbehrung, die müden Füße, das
Loslassen der Hand des Geliebten, das Leiden weichen, werden wie verwandelt in
eine ungeahnte andere Fülle, eine Fülle von Gott her, wie ein Stück vom Himmel,
das alles aufwiegt, wie tief empfundene Liebe, wie Schmerz, der neugebiert, wie
Trost, der umarmt, wie seligen Glauben.
Und das Jetzt! Jetzt. Garantiert.
Jetzt und für immer, nie ohne unsere Zeit, sondern mit und in unserer Zeit.
Jetzt, morgen, übermorgen, nächstes Jahr, all unsere Zeit und ewig. Als würden
wir jenen einen vollen Gesang von der Ehre Gottes singen uns zur Ehre ---- und
Gott meinte uns und das Reich, das uns gilt, das wir tausendfach und mehr von
ihm empfangen: „.. wie es war im Anfang, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu
Ewigkeit.“
Erfüllt
So ist das Reich Gottes, um dessen
willen wir leben, so ist Gott, der uns geschieht, so gibt Gott eine Antwort auf
den einen Satz des Petrus nach jenem drängenden, ehrlichen: Und jetzt?, sagt
er: Schau, Petrus, schaut Ihr:
Gott geschieht, sein Reich kommt: Er
gibt sich hin, ein hingebungsvoller Gott, ganz und gar, entäußert er sich
selbst und gibt sich ganz hin an die Welt, verlässt sein ganz Eigenes, den
Himmel, das Reservat für die Götter, und wird Menschen, ganz und gar. Er
verlässt sich und empfängt. Wird ein ganz offener, ganz empfänglicher Gott, er
empfängt uns, wie wir sind, unseren Schmerz, unsere Hoffnung, unsere Sehnsucht,
unsere Freude. Er empfängt Kritik, Skepsis, Lob und Ehre, er lässt sich seine
göttlichen Hände füllen, er erfüllt die Welt mit sich, verwandelt ihr menschliches
Antlitz, uns, in einen göttlichen Glanz. Er folgt nur einem und findet sich und
uns darin. Er folgt seiner Liebe. Amen.
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