Predigt zum Beginn der Woche der
Diakonie (12. 6. 2016)
Gut Ankommen
„Kommt gut an!“ Das wünscht ein
Mensch dem anderen, wenn er auf Reisen geht, wenn die Sachen gepackt sind, die
letzten Vorbereitungen getroffen sind, dann: Gute Reise, gute Fahrt. Komm gut
an. Im Wunsch die Sorge: Wege können gefährlich sein, lange und kurze Wege, es
kann immer was passieren. Deswegen: Komm, bitte, gut an, melde dich kurz, dass
ich es weiß. Im Wunsch die Bitte, es möge gut enden und gut beginnen, der Weg
und das Dortsein.
Gut ankommen. Der Blick ist auf das
Ziel gerichtet, auf das, wohin der Weg führen soll, die Reise, die Schritte,
die Bahnkilometer. Nach guter Reise ein gutes Ankommen, ein paar erste gute
Stunden, sich einfinden, wohl fühlen, mit der Seele mitkommen. Ankommen:
kleiner und größerer Moment zwischen „Ich bin gekommen“ und „Ich bleibe dort“.
Im Ankommen ist der Weg noch irgendwie gegenwärtig, ist das dort, wo man
ankommt, noch zu entdecken, noch zum eigenen zu machen. Im Ankommen halten wir
wie inne und bringen uns mit, so wie wir sind.
Angekommen: Wie oft sind wir das
irgendwann und irgendwo im Leben. Angekommen in einer neuen Wohnung, angekommen
nach kurzer Straßenbahnfahrt, angekommen nach einer Durststrecke im Leben.
Angekommen im Leben, in meinem eigenen Leben. Sind wir das? In Momenten, ganz?
Schwer zu sagen. Merkwürdig. Angekommen im Leben. Wissen wie es ist: das Leben;
was es auf sich hat, wie es tickt? Angekommen bei einem Menschen, dort ganz da
sein zu können und zu dürfen, wie ich bin. „Komm gut an.“ Lebenswunsch.
gekommen
Zum Leben gehört Kommen. Es mag ein
Wort sein, dass wir im Lauf eines Lebens millionenmal sagen, hören, lesen.
Kommen ist anders als die anderen Fortbewegungsarten, Kommen ist nicht gehen,
laufen, rennen, fahren. Beim Kommen geht es weniger um das Wie, wie Menschen
sich bewegen. Es geht beim Kommen und das Woher und Wohin, um Ursprung und Ziel
und um Orte, die unser Leben beschreiben, bestimmen. Und es erinnert
grundlegend und bleibend daran, dass wir Kommenden sind als Menschen, zur Welt Kommende
und Gekommene. Einmal für immer. Und im Wort „Kommen“ spricht sich so vieles im
Leben aus: umkommen, verkommen, überkommen, niederkommen, abkommen, auskommen,
übereinkommen, vorkommen, willkommen, Einkommen, vollkommen.
Und Gott kommt auch. Er geht nicht,
er läuft nicht, er rennt nicht. Er kommt. Gott ist in sich in Bewegung, in
Liebesbewegung und diese innere Liebesbewegung macht Gott zu einem kommenden
Gott. Gott bleibt nicht in sich, nicht bei sich. Gott kommt. Sein Sein hat ein
Beweggrund, ein Ziel, eine Quelle, eine Absicht, ein Auftrag, eine Bestimmung,
ein Sinn: Menschen sind es. Gott kommt zu Menschen, zu uns. Sein ganzes Sein
ist Advent, Ankunft, Ankommen bei uns, sein Weg ist Jesus Christus. In ihm
kommt das Himmelreich unglaublich nahe. Durch ihn will Gott bei uns ankommen.
Noch mehr: Gott ist angekommen. In
unserem Wochenspruch: „Der Menschensohn ist gekommen…“ Mit einem Wozu, mit
einem Grund, mit einem Ziel. „Der Menschensohn ist angekommen, zu suchen und
selig zu machen, was verloren ist.“ Das ist die göttliche Suchbewegung, wie sie
in Jesus Christus uns glaubhaft vor Augen gemalt wird: Gottes Kommen ist ein
Suchen, ein bestimmtes, beharrliches Suchen, ja Finden, ja, wo gefunden ein Seligmachen.
Wo Gott ankommt, da ist Suche zu Ende, da wird gefunden, ist gefunden, da wird
Seligkeit.
Verloren gehen
„Kommt gut an!“ Motto der Woche der
Diakonie. Diakonie denkt an Menschen, die in Not sind und Hilfe brauchen.
Menschen in Not, bedürftige Menschen, der Zuwendung, der Hilfe, der Unterstützung,
der Teilhabe bedürfte Menschen.
Menschen, die irgendwie auch angekommen
sind, aber angekommen sind in Notlagen, in der Not: selbstverschuldet,
fremdverschuldet, tragisch, nur kurz, ganz lange, an Leib, an Seele. Angekommen
in der Not und gar nicht gut angekommen. Angekommen auf der Straße, angekommen
in einsamen Wohnungen, angekommen in Heimen, angekommen in Krankenhäuser,
angekommen in eigener Not, in Einschränkungen, in Schmerzen, in Hilfslosigkeit,
in offenen Fragen.
Angekommen, irgendwie zwischen
einfinden, abfinden, sich arrangieren, zwischen geholfen bekommen, sich integrieren
sollen, getröstet werden, geheilt werden. „Der Menschensohn ist gekommen, zu
suchen und selig zu machen, was verloren ist.“ Angekommen, um gesucht zu
werden, damit zu ihnen etwas kommt, bei ihnen etwas, jemand ankommt. Menschen,
denen ein Stück vom Leben und mehr, manchmal viel mehr verloren geht, die vom
Leben und seinen Möglichkeiten ausgeschlossen werden. Zu denen kommen, dort
ankommen, vorsichtig, behutsam, sie teilhaben lassen am Leben, am eigenen Leben,
am Leben überhaupt, an seinen Möglichkeiten, an seiner Fülle, selbst zu deren
Lebensmöglichkeiten werden. Das Verlorene suchen und wie Jesus Christus Leben
bringen.
Gott ankommen
„Kommt gut an.“ Kann auch heißen: „Es
kommt gut an.“ Etwas findet Anklang, findet Resonanz, kommt so, dass es das Wort
„gut“ nahelegt. Gut ankommen wollen auch Menschen, bei anderen, bei sich, so
allgemein. Die wenigsten wollen schlecht ankommen, die meisten gut. Menschen
wollen gefallen, wollen geschätzt, geachtet, mit dem, was sie sind,
wahrgenommen werden, gut ankommen.
Gott will auch gut ankommen. Mit dem,
was er gut nennt. Gott ist gekommen und will ankommen bei uns. Er will, dass
wir zu ihm kommen. Wo Gott und wir aufeinandertreffen, ist Gott angekommen bei
uns. Ob das immer gut ist? Wo Gott ankommt, kann er aufrütteln, in Frage
stellen, irritieren, auf neue Wege setzen. Will es dem Guten für die Menschen,
für uns dienen. Gott will gut ankommen, und die Hoffnung ist: Wo dies passiert,
sind wir im Leben angekommen.
„Kommt gut an!“ Motto der Woche der
Diakonie auch in diesem Sinne: „Es kommt gut an“. „Es“ ist Gott, ist die Fülle,
ist dass Menschen einander teilgeben und teilhaben an dem, was Leben ist. Da,
wo dies passiert. Da, wo dies geschieht. Da, wo andere Menschen in der Not von
Menschen ankommen, dort sind und bleiben, wo sie Gottes Liebes- und Suchbewegung
zum Verlorenen hin, zur Welt nachahmen, dort kommt Gott selbst an, kommt er
gut, ja sehr gut, ja seligmachend an, dort erfüllt sich der Wunsch, die Bitte
auf der einen Lebensreise: „Kommt gut an.“Amen
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