Predigt am 2. Sonntag nach Epiphanias
(18.1.15)
Johannes 2, 1-11
Und am
dritten Tage war eine Hochzeit in Kana in Galiläa, und die Mutter Jesu war da.
Jesus aber und seine Jünger waren auch zur Hochzeit geladen. Und als der Wein
ausging, spricht die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr. Jesus
spricht zu ihr: Was geht's dich an, Frau, was ich tue? Meine Stunde ist noch
nicht gekommen. Seine Mutter spricht zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut.
Es
standen aber dort sechs steinerne Wasserkrüge für die Reinigung nach jüdischer
Sitte, und in jeden gingen zwei oder drei Maße. Jesus spricht zu ihnen: Füllt
die Wasserkrüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis obenan. Und er spricht zu
ihnen: Schöpft nun und bringt's dem Speisemeister! Und sie brachten's ihm. Als
aber der Speisemeister den Wein kostete, der Wasser gewesen war, und nicht
wusste, woher er kam - die Diener aber wussten's, die das Wasser geschöpft
hatten -, ruft der Speisemeister den Bräutigam und spricht zu ihm: Jedermann
gibt zuerst den guten Wein und, wenn sie betrunken werden, den geringeren; du
aber hast den guten Wein bis jetzt zurückbehalten.
Das ist
das erste Zeichen, das Jesus tat, geschehen in Kana in Galiläa, und er
offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn.
Frau!
Frau. Nennt er seine Mutter. Als sei
sie es nicht. Als sei sie eine Fremde, Unbekannte, Lästige. Als habe sie sich
verwandelt wie vor unseren Augen, binnen ein paar Wochen seit Weihnachten, verwandelt
von der jungen Maria, die Jesus gebar und alles im Herzen trug, zur einer Frau,
die es nichts angeht, was Jesus so tut, die ihn nicht versteht. Es ist aber
doch die gleiche Maria, oder? Wer ist sie geworden?
Wie wird aus Wasser Wein? Das Gleiche:
zwei Sachen: Wasser und Wein. Das geht nicht. Das ist nicht möglich. Da ist nicht
wirklich, passt nicht in unsere Vorstellung von Wirklichkeit.
Dort standen
Jesus sieht sechs Wasserkrüge dort
stehen. Jesus sieht irgendwie mehr, viel mehr. Jesus sieht nicht nur was gerade
wirklich ist, was gerade da steht, ist, was da ist. Jesus sieht mehr, er sieht
die Möglichkeiten darin, er sieht, was möglich ist, was wirklich werden kann
und soll. Jesus rechnet mit der Wandelbarkeit von allem, von Wasser, von Stürmen,
von verfahrenen Situationen, Ähren am Sonntag, von Verhältnissen, von Ehebrecherinnen,
von Zöllnern, von Blinden, von Lahmen, von Armen, von Trostlosen, von
Unseligen. Von uns.
Er sieht die Möglichkeiten in allem,
was ist, die Möglichkeit das zu werden, was es wirklich ist, ein Teil von
Gottes Welt, Gottes Wirklichkeit in der Welt. Darauf vertraut er. Er sieht und
stellt alles in diesen einen großen Horizont, in den Horizont Gottes und sieht
Gottes liebende Macht als möglich an, ja sieht sie als Wirklichkeit aufbrechen,
wirksam, am Werk, eine Macht, die zu verwandeln mag. Alles ist möglich. Auch
für uns.
Was er sagt, das tut
Jesus vertraut und glaubt an das
menschliche Tun. Nichts, nichts macht Jesus in Kanaa. Er spricht nur, er hat
nur die Gegenwart seiner Worte, Worte, die Dienern und Tafelmeister bedeuten,
was zu tun ist. Jesus spricht und Menschen tun das was sie zu tun haben: Die
Diener dienen und schöpfen und füllen die sechs Wasserkrüge mit dem, was in sie
gehört, bringen sie dorthin, wo sie hin gehören. Der Tafelmeister tut, was er
zu tun hat, er kostet. Alles Alltagsgeschäft. Alles menschliches Tun.
Und in diesem Tun verwandelt sich
das, was in menschlichen Tun getan wird. Jesus legt keine Hand an, er hat
keinen Zauberstab, keinen Spruch. Allein die Menschen, wir tun und handeln, auf
sein Wort hin und es verwandelt sich aber.
Wo Jesus gehört wird, sein Wort
Bedeutung gewinnt, dort hat er ein unglaubliches Vertrauen in das, was Menschen
auf sein Wort hin tun, mitten in ihrem ganz alltäglichen Tun. Jesus hat ein
tiefes Vertrauen in unser Tun, wenn in ihm sich Dinge, Sachen, Situationen,
Menschen und wir selbst zu verwandeln vermögen, wenn er in uns, in unserem
täglichen Tun sieht, was möglich ist, möglich werden will und kann, an
Verwandlung hin zu dem, was alles ist, ein Teil seiner Wirklichkeit, seiner
Gegenwart, ein Teil von ihm, ein Abglanz seiner Liebe. Das wird wirklich. Auch
bei uns.
Am dritten Tage
Wir sehen das Wunder nicht wirklich. Wir
sehen nicht den Augenblick, wenn etwas möglich wird für Gott. Wir sehen nicht
die Gesichter der Hochzeitgäste, nicht, wie Wein besser denn je eingeschenkt
wird, wenn sie die Becher wieder heben; sehen nicht, wie die Feiern, das Leben wieder
weitergeht, nicht wie das Brautpaar sich freut und Hochzeit ist. Wir sehen nur
die Dinge, nur die Menschen, nur uns, unser Tun, manchmal so ganz ohne
Möglichkeiten, manchmal als sei es ohne Kontakt zu Gott, als würde nichts
drinstecken, als wären wir nicht alle ein Stück vom seinem herrlichen Reich. Wir
sehen nur jeweils Wirklichkeiten, das, was ist. In allem aber sieht Jesus mehr,
alles, wie es göttlich lebendig ist, voll Gottes Möglichkeiten, voll seiner
Wirklichkeit, wandelbar.
Aus Mutter wird Frau. Aus Wasser wird
Wein. Aus Jesus, dessen Stunde noch nicht gekommen ist, wird ein Zeichen von
Gottes Herrlichkeit. Aus Fragen wird Glaube. Aus etwas, was fehlt, mangelt,
ausgeht, nicht mehr da ist, wird etwas, was geschöpft und gefüllt wird, was
gebracht und gekostet wird. Aus etwas, was seine Bestimmung verloren hat, wird
etwas, was seine Bestimmung wieder gewinnt. Aus Nichts wird Vieles, Alles.
Am dritten Tag geschah das Wunder von
Kana. Am dritten Tag erstand Jesus. Vom Tod zum Leben, uns voraus verwandelt. „Was
geht's dich an, was ich tue?“, fragst du uns wie Maria. Alles, Jesus, alles! Denn: Du verwandelst unser Leben,
kannst es, machst es, lässt Gottes Möglichkeit für uns wirklich werden: Schöpf
aus Mangel Reichtum, tote Kinder lass auferstehen, neben Trauer stelle Trost, in
Zweifel bring Glauben, in Hass deine Liebe, Schuld beende, fang neu an, mach
unsere Leere zur Fülle, unser Leben zu deinem. Amen.
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