Predigt am ersten Christtag 2012
Johannes 3, 31-36
Der von oben her kommt, ist über
allen. Wer von der Erde ist, der ist von der Erde und redet von der Erde. Der
vom Himmel kommt, der ist über allen und bezeugt, was er gesehen und gehört
hat; und sein Zeugnis nimmt niemand an.
Wer es aber annimmt, der besiegelt, dass Gott wahrhaftig ist. Denn der, den Gott
gesandt hat, redet Gottes Worte; denn Gott gibt den Geist ohne Maß. Der Vater
hat den Sohn lieb und hat ihm alles in seine Hand gegeben. Wer an den Sohn
glaubt, der hat das ewige Leben. Wer aber dem Sohn nicht gehorsam ist, der wird
das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm.
Irdische Schwerkraft
Das Irdische hat eine eigentümliche Schwerkraft. Eine allzu irdische
Schwerkraft, die uns manchmal wie bindet und wie am Boden hält. Die uns schwer anzieht,
drückt und wie fesselt. Die sich wie eine grauer, dunkler Schleier, Mantel über
uns legt und auf den Boden drückt, uns am Boden hält.
Ganz verschiedene Formen und Namen hat diese allzu irdische
Schwerkraft und wir spüren sie, wenn sie uns morgens das Aufstehen und abends das
Einschlafen schwer macht, die Freude am Tag nimmt, Probleme übergroß
erscheinen, Sorgen über den Kopf wachsen lässt, wenn Schuld und
Unausgesprochenes uns unterschwellig quälen, wir kaum mehr Kraft haben, nur
Lebensmüdigkeit, wenn alles grau scheint, wenn unsere Seele wie verdunkelt ist,
ohne Licht, leer.
Annehmen, einfach darauf zu leben, Vertrauen fallen dann schwer.
Sehen auch, weil über das Sehen ein Grauschleier liegt, der alles, auch Buntes,
Helles, Gutes, Schönes grau sieht und macht. Sehenden Auges ist Mensch dann wie
seelenblind, verschlossen, zugemacht. Es ist auch nichts mehr, dem man richtig folgen
könnte. Einem Plan, einem anderen, der einen liebt, Gott. Jeder Kontakt ist wie
abgedichtet, wie abgeschnitten, hören, gehorchen, gehorsam sein, Gott, anderen,
sich selbst ist nur schwer, ist kaum
möglich. Von Erde ist man genommen und es scheint, dass man wieder zur Erde
wird mitten im Leben.
Darüber kann Gott wütend werden. Darüber wird Gott zornig. Darüber
ist Gott zornig. Er ist zornig über diese Schwerkraft des allzu Irdischen, die
uns zu Boden drückt, uns das Leben erschwert, es wie wegnimmt und gegen ihn,
gegen Gott steht, der unser Leben will, es uns schenkt, der uns Menschen von
der Erden himmelwärts ausrichten will.
Die Fülle ist da
Heiligabend, Weihnachten, das Christfest ist Zeichen, ist
Erinnerung, ist Verheißung: Die Fülle ist da. Trotzdem. Es gibt sie. Es gibt
ein Leben, das die Ewigkeit atmet. Es gibt Worte, die die Wahrheit und das Leben
in sich haben. Es gibt die Wahrheit, die von Qual und Schuld befreit. Es gibt
die Liebe, die erfüllt, beseelt, uns meint Es gibt Heil ohne Maßen, für alle.
Und: Es gib einen, der uns all das bringt, der mit all dem zu
uns kommt, der im Kommen selbst die Fülle bringt und uns den Weg in die Fülle
zeigt, ihn mitgeht. Es gibt einen, der diese Fülle besitzt, aus Liebe ihm in
die Hand gegeben, und der sie uns schenkt, von dem und über den diese Fülle auf
uns, die Welt, ihre Menschen, groß und klein, gestern, jetzt und morgen überfließt,
maßlos, ohne Einschränkung, ohne Vorbehalt, zügellos, ohne etwas
zurückzuhalten.
Es gibt einen, der in dieser Fülle selbst ist, dessen Herz,
dessen Worte, dessen Blick, dessen Taten, dessen Berührungen, dessen ganzes
Leben, Geburt und Tod, tief und fest verankert sind in dieser Fülle. Einer, der
diese Fülle Menschen sagt, davon erzählt, sie hören und spüren lässt, der diese
Fülle im Leben wahr und wirklich werden lässt. Einer, der schon immer beheimatet
ist in dieser Fülle und sie uns mit ausgestreckten und weit offenen Händen gibt
und wir das Leben sehen und bekommen, ja von ihm selbst wie umhüllt werden,
himmelwärts angezogen werden.
Heiligabend, Weihnachten, das Christfest sagt, lässt uns
hören, sehen, spüren: Dieser eine ist Christus, dessen Geburt wir bestaunen.
Unterstellen
So sehr Gott zornig ist über die Schwerkraft, die uns manchmal
hart an den Boden bindet, so sehr ist es seine Liebe, die uns die Fülle des
Lebens schenkt, vorbehaltlos und aus freien Stücken. Seine Liebem, die uns mit
einem, unserem Stück Himmel, mit Licht, Freude, Hoffnung auf unserem Fleck Erde
anzieht, ja wie überkommt.
Wir können uns dem unterstellen, dem was uns überkommt mit
Christus. Unterstellen als sachte weihnachtliche Gegenbewegung gegen die allzu
irdische Schwerkraft, die uns bindet und Gott brechen möchte. Unterstellen
unter dieser Fülle und versuchen, sie anzunehmen, auch wenn sie fern oder zweifelhaft
scheint, sich von ihr überreden lassen, sich ihr fügen, in weihnachtlicher
Demut, in sie einstimmen mit dem, was wir gerade sind, wunderbar oder elendig,
glänzend oder verletzt, trotzig oder leer, einstimmen, einstellen hinein in die
Fülle, die über uns kommt.
Das wäre: Sich dem Himmel unterstellen. Eigentlich stehen wir
da immer. Er ist der Horizont unseres Lebens. Mit Heiligabend ist er auf die
Erde gekommen, ist die Fülle des Göttlichen für uns in diesem Krippenkind, das
erwachsen wird, zum Leben ganz nah. Sich dem Himmel auf Erden unterstellen. Eigentlich
wäre das, dem Krippenkind Jesus folgen, wie er zu suchen das Heilige im
Schmutz, das Ewige im Vergänglichen, heilsame Worte in der Stille, die Wahrheit
im Gespräch, Liebe im Kleinen, die Fülle im anderen, die Auferstehung im Tod,
das Leben in Gott.
Und dabei von IHM weihnachtlich erfüllt werden. Maßlos.
Maßlose Freude darüber wird bei Gott des Himmels und der Erden sein. Amen.
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